Lebenslauf

„Der Maler Otto Bruderer bin ich“

18.Jan.1994 – Otto Bruderer

Man sagt: Jeder Maler hat seinen Stil und muss ihn bewahren. – Daran denke ich nicht; ich male, was mich bewegt.

Wenn ich gute geistliche Musik höre, dann umgibt mich eine Engelschar, und wenn mich übles Geschehen traurig stimmt, dann gibt es halt seinen Niederschlag auf dem Papier oder der Leinwand. Wenn ich in der Morgenfrühe über Land gehe, dann offenbart sich mir die Grossartigkeit der Schöpfung in der Landschaft. Ja, dann male ich diese Erlebnisse. Wenn ich aber ein düsteres Armenquartier mit üblem Industriegestank durchquere, dann stinken halt meine Farben auch.

Ich bin während des ersten Weltkrieges in Herisau und Waldstatt aufgewachsen und habe schon damals unbewusst allerhand mitbekommen. Schon in der ersten Klasse Primarschule malte ich gerne und später kam der Wunsch Maler zu werden. Es wurden mir aber diese Wünsche von meiner Tante, Gotte etc. schon im Keime erstickt, denn Kunst entsprach nicht ihrer dogmatisch religiösen Auffassung. Später nach der Realschule schickte man mich zum Berufsberater. Dieser bestand darauf, dass ich eine Stickereizeichnerlehre absolviere, da es zur Zeit zu wenig Dessinateure gebe. Vier Jahre musste ich ohne Freude „Stickereirappörtli“ zeichnen. Das letzte Halbjahr verbrachte ich in einer andern Firma, weil mein Lehrmeister sein Geschäft liquidierte. Das Diplom als Dessinateur hatte ich noch gemacht. Ich konnte vom Geschäft aus nach London, zum Sitz der Firma reisen. Man führte mich in die Geschäfte, wo ich Stickereien nach meinen Entwürfen ausgestellt sah.

Da dann mein Vater erkrankte, musste ich das Haus und seine Papeterie und Einrahmungsgeschäft in Waldstatt übernehmen. Mit grosser Überwindung tat ich es, denn nach Waldstatt ziehen war, infolge meiner Erinnerung an meine Jugendzeit, ein schwerer Schritt. Dank dem Einsatz meiner Gattin wagte ich es.- Den Kindern malte ich grosse Märchenbilder in ihre Zimmer, und in illustrierte Zeitungen (Neue Zürcher Illustrierte etc.) sandte ich Kinderillustrationen mit Texten. Neben dem Geschäft malte ich und schrieb Märchen.

Jeden Frühling und Herbst konnte ich, dank meiner lieben Gattin, ins Ausland reisen (Paris, Italien, Provence, etc.). Dort holte ich mir neue Eindrücke und skizzierte und malte viel. So hat sich denn meine Kunstmalerei entwickelt. Sie ist kein Hobby, sie ist eine ernste, leidenschaftliche Arbeit eines Autodidakten.

Einige Ausstellungen meiner Arbeiten folgten in Herisau, St.Gallen, Rheintal, Rorschach (Museum), Flawil u.s.w. In meiner Abwesenheit wurde dann einmal eine Kunstmappe herausgegeben vom Aargauer-Tagblatt. Daraufhin bekam ich von überallher Ausstellungseinladungen berühmter Galerien, von Paris, London, Mailand u.s.w. Von Lausanne bekam ich Bericht, sie wollen mich ins internationale Lexikon aufnehmen. Da ich aber malen wollte und mich die Zeit reute für solche zeitraubende Sachen, so legte ich alle Einladungen beiseite und beantwortete sie nicht.

Meine Malerei ist meine ureigenste Wiedergabe meines Empfindens und lehnt sich weder an Moderichtungen noch an sonst etwas an.